Das Kanzleramt muss die Informationen und Dokumente herausgeben, welche die Kanzlerin dazu veranlasst hatten, Jan Böhmermanns „Schmähgedicht“...
Das Kanzleramt muss die Informationen und Dokumente herausgeben, welche die Kanzlerin dazu veranlasst hatten, Jan Böhmermanns „Schmähgedicht“ gegen Erdoğan öffentlich als „bewusst verletzend“ zu bezeichnen. Das hat nun das OVG Berlin-Brandenburg im Eilverfahren entschieden. Das Bundeskanzleramt muss einem Journalisten des „Tagesspiegel“ Berlin Auskunft in der Böhmermann-Affaire geben. Insbesondere hat der Journalist einen Anspruch darauf, zu […]
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Das Kanzleramt muss die Informationen und Dokumente herausgeben, welche die Kanzlerin dazu veranlasst hatten, Jan Böhmermanns „Schmähgedicht“ gegen Erdoğan öffentlich als „bewusst verletzend“ zu bezeichnen. Das hat nun das OVG Berlin-Brandenburg im Eilverfahren entschieden.
Von Dontworry – Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0
Das Bundeskanzleramt muss einem Journalisten des „Tagesspiegel“ Berlin Auskunft in der Böhmermann-Affaire geben. Insbesondere hat der Journalist einen Anspruch darauf, zu wissen, welche Dokumente Merkel dazu veranlasst hatten, Böhmermanns Schmähgedicht über Recep Tayyip Erdoğan als „bewusst verletzend“ zu bezeichnen. Das hat nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg im Eilverfahren entschieden und damit eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin bestätigt (Beschl. v. 03.08.2017, Az. OVG 6 S 9.17).
Der Tagesspiegel hatte den Eilantrag gestellt, weil das Kanzleramt diesem zuvor die gewünschten Informationen im Rahmen seiner Auskunftsanfrage vorenthalten hatte. Insbesondere hatte er wissen wollen, ob Angela Merkel (CDU) das Gedicht selbst gelesen hatte oder ob sie zuvor ein internes Gutachten zu Rate gezogen hatte, bevor sie dieses in der Öffentlichkeit als „bewusst verletzend“ bezeichnete.
Schmähgedicht von Böhmermann
Anfang 2016 hatte der Satiriker Jan Böhmermann in einem seiner TV-Auftritte ein satirisches „Schmähgedicht“ auf Kosten des türkischen Regierungspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan vorgetragen. Darin hatte er den Präsidenten der türkischen Republik mit Kinderpornografie und Sodomie in Verbindung gebracht. Die Verlesung des Textes hatte er mehrfach unterbrochen, um darauf hinzuweisen, dass diese Verse in Deutschland nicht erlaubt seien: „Das kann bestraft werden“, sagte der Moderator während der Sendung. Anlass war die Tatsache, dass Erdoğan zuvor „empfindlich“ auf Satire gegen seine Person im Magazin extra 3 reagiert und den deutschen Botschafter zu sich einbestellt hatte. Der damalige Beitrag war aber eindeutig noch von der Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt.
Angela Merkel bezeichnete das Gedicht in der Folge mehrmals als „bewusst verletzend“. Später bezeichnete sie diesen Satz als Fehler. Sie habe ihn nur gesagt, um Erdoğan von einem Strafantrag abzubringen.
Erdoğan stellte dennoch Strafantrag gegen Böhmermann wegen Beleidigung auf Grundlage des § 103 Strafgesetzbuch (StGB) wegen der „Beleidigung von Organen und Vertreter ausländischer Staaten“. Das Strafverfahren wurde jedoch eingestellt. Inzwischen hat das Kabinett entschieden, die sog. Majestätsbeleidigung aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Das Zivilverfahren gegen Böhmermann dauert aber noch an.
Böhmermann und sein Anwalt Christian Schertz sahen damals die Aussage der Kanzlerin als Kompetenzüberschreitung an, welche die türkische Regierung eher ermutigt hätte, rechtliche Schritte gegen den Satiriker einzuleiten.
Kanzleramt verweigerte Herausgabe von Informationen
Der Journalist des Berliner „Tagesspiegels“ stellte daraufhin eine Anfrage an das Kanzleramt mit der Bitte um Information bezüglich der Dokumente, welche die Kanzlerin vor der Aussage bezogen habe und ob sie das Gedicht überhaupt vor der Stellungnahme gelesen habe.
Das Kanzleramt verweigerte die Informationen mit der Begründung, dass diese einen Schluss auf zukünftige Regierungsentscheidungen zulassen könnten. Von dem Verlangen des Journalisten sei der unausforschbare Kernbereich der Exekutive betroffen. Weiterhin könne durch Herausgabe der Informationen Merkels zukünftiges Handeln eingeschränkt werden.
Keine schützenswerten Interessen auf Seiten des Kanzleramtes
Das OVG Berlin sah aber in der summarischen Prüfung im Eilverfahren keine schützenswerten Interessen auf Seiten der Kanzlerin, welche die Verweigerung zur Herausgabe der Informationen hätte rechtfertigen können. Weder der Kernbereich der Exekutive noch außenpolitische Interesse der Regierung sei durch die Auskunft über die Entscheidungsfindung tangiert. Die „allgemein gehaltenen Ausführungen“, dass die Regierung zukünftig in ihrer Entscheidungsfindung beeinträchtigt wäre, da sie nicht mehr wie bisher mit ihren Informationen umgehe könne, reichten dem OVG nicht aus.
fsc/ahe
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